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Fünf Schritte zu feinerem Kaffee

Ganz grundsätzliche Kritik der Praxis des Second Sunrises daheim.
Fünf Schritte zu feinerem Kaffee
Ein Zine, kleinstmögliches Handbuch zum Ausdrucken, Falten, Schneiden und Blättern.

Jetzt aber wirklich. Diese fünf Regeln, sorgen auf jeden Fall für größeren Genuss – egal, in welcher Form man genau das Lieblingsfrühstücks-Heißgetränk zu sich nimmt. (D.h. auch unabhängig davon mit welchem Set-up man sich vielleicht schon ausgestattet hat.) Diese Anleitung kommt daher auch ohne Empfehlungen bestimmter Marken, Sorten oder Typen aus. Sie sind kein Konsumentenratgeber, keine Rezension zu einem bestimmten Produkt, sondern schlicht: Kulturkritik.

1. Kaffee ist frisch zu mahlen

Der entscheidendste Zubereitungsschritt darf nicht übersprungen werden: Niemals gemahlenen Kaffee besorgen! Wenn Bohnen für spätere Zubereitung selbst vorbereitet werden sollen, dann höchstens jene Menge, die noch am selben Tag getrunken wird. Denn die Entscheidung für einen bestimmten Mahlgrad wirkt sich auf jeden Zubereitungsschritt nachher aus, und kann alle vorherigen Bemühungen um besseren Kaffee davor zunichte machen.

2. Kaffee kommt aus sauberen Maschinen

Seien es allgegenwärtige Bialetti, Büro-Vollautomaten oder die stylishe Siebträger-Espressomaschine daheim – für alle Maschinen gilt, dass nach jeder Nutzung alle Teile, die mit Kaffee selbst in Berührung kommen, zumindest auch gründlich mit Wasser gespült werden. Es empfiehlt sich täglich mit fettlösendem Reinigungsmittel Rückstände von Ölen und Partikeln zu entfernen. Gerüchte, dass Maschinen erst nach und nach, durch den ständigen Kontakt mit Kaffee gute Ergebnisse zeitigen haben genauso viel Geltung, wie dass ein Fischmesser immer besser wird, wenn man es zwischen den Anwendungen nicht wäscht.

3. Kaffee wird präzise portioniert

Ausschließlich mit einer Waage ist zu bestimmen, ob die richtige Kaffeemenge, von der richtigen Wassermenge extrahiert wird. Für Filterkaffee ist das Verhältnis von 1:16, für Espresso 1:2,5 ein bewährter Ausgangspunkt. Daraus ergeben sich 18g für ein Heferl Filterkaffee (300g Heißwasser) oder einen doppelten Espresso (45g in der Tasse). Davon kann man mit etwas Übung von Getränk zu Getränk abweichen; ebenso wie sich der Mahlgrad optimieren lässt. Solche Akkuratesse setzt aber voarus, dass man immer präzise weiß, wie viel zum Einsatz kommt. Messlöffel haben zu große Varianz und erleichtern auch nicht wirklich die Arbeit – wenn die Waage griffbereit ist, dann geschehen alle Wiege-Operationen beim laufenden umfüllen en passant.

4. Kaffee wird sorgfältig ausgewählt & gelagert

Man achte beim Kauf auf das Röstdatum, die Aufbereitung und Herkunft des Kaffees – nur solche Detailinformationen bürgen für Qualität. "Hauptsache es schmeckt" ist kein hilfreiches Kaufargument, denn erst wenn man weiß, welche Charakteristika welche Ursachen haben, lassen die herausragenden Geschmackserlebnisse auch reproduzieren. Die Bohnen bleiben am besten in der Verpackung (die bei normalem Konsum auch nicht größer als 500g sein sollte) und verbrauche sie am besten nach der Öffnung binnen weniger Tage. Oder man friert sie ein: in diesem Fall, werden sie am besten in den Mengen vorportioniert, in denen sie dann zum Einsatz kommen.

5. Serviere deinen Kaffee – notfalls dir selbst

Voller Ehrgeiz und im ernsthaften Bemühen den besten Kaffee Wiens zu servieren, hatte ich oft den Eindruck woanders den Besseren zu trinken als in meinem eigenen Lokal. Langsam wurde mir klar, dass es einen Unterschied macht, selber nicht in die Zubereitung involviert zu sein. Man trinke also am besten immer mit anderen den selbst zubereiteten Kaffee und anstatt den üblichen Smalltalk übers Wetter kann man sich über den Kaffee austauschen und dabei Lernen. Auch wenn nur der eigene Körper allein die Zubereitung konsumiert, sollte diese aus einer Kanne in mehreren Etappen ein Heferl gegossen werden. Damit regelt man die Temperatur und ertastet Schluck für Schluck die verschiedenen Qualitäten.

Was nicht gesagt wird...

Eine solch definitive und vorgeblich umfassende Liste lässt listigerweise auch was aus. Wer all diese Ratschläge beherzigt, hat noch immer viel zu erfahren und zu lernen.

In jedem dieser Arbeitsschritte lässt sich noch mehr Komplexität erfassen:

  1. ideale Mahlgrade müssen bestimmt werden;
  2. eine schnelle Reinigungsroutine muss erst in den Alltag integriert werden;
  3. Brühverhältnisse und Rezepturen erlauben viel Raum für Experimentation;
  4. die Ursachen für den Geschmack sind buchstäblich so unüberschaubar groß und weit wie diese Weltwarenkunde;
  5. und auch die Performance der Gastfreundschaft, wie man das Endprodukt zelebriert gibt Anlass zum Philosophieren.

Und natürlich ist das zum Einsatz kommende Wasser entscheidend. Ein Faktor der lange unterschätzt wurde – obwohl genauso naheliegend wie fundamental. Dennoch empfehle ich bevor man sich dieser essentiellen Physik widmet, all die anderen Schritte. Sie sind ergiebiger im Sinne eines bunteren Ensembles aus Tätigkeiten, durch die man Selbstwirksamkeit erlebt und die immer wieder uns und unsere Liebsten aufmuntern.